Mittwoch, 28. September 2011
Scheiße, verdammte.
Ich klammere mich mittlerweile nur noch an die Hoffnung, dass diese gottverdammten Rückenschmerzen, die ja mit der Schwangerschaft Einzug in meinen Alltag, ach, was sag ich: mein Leben gehalten haben, nach der Geburt wieder weggehen werden.



Freitag, 23. September 2011
Drama, Baby.
Boah, ich weiß wieder, warum ich nichts mit anderen werdenden Müttern zu tun haben wollte.

Weil bei Ihrem Muttermund irgendwas nicht stimmte, wurde eine Cerclage oder irgendsowas gemacht. Danach sollte sie erstmal nur liegen.

Dann hat sie ja sowieso eine Riskoschwangerschaft (das stand schon ungefähr seit der - sagen wir mal - ERSTEN Woche fest - ich wage mal zu bezweifeln, ob das Risiko tatsächlich so von dem Arzt oder doch eher nur von ihr diagnostiziert wurde) und deshalb darf sie nur liegen.

Mal abgesehen, dass das Risiko einfach in vielen Dingen auch sehr hausgemacht ist... Ein zu hoher Blutdruck tritt nun mal eben gerne als Begleiter von wirklich deutlichem Übergewicht auf. Und wenn man halt auch insgesamt eher so der Bewegungsarmut frönt und keinen besonderen Muskel-und Bänderapparat sowie Stoffwechsel hat, dann haut einen so eine Schwangerschaft eben vielleicht auch ein bisschen mehr raus. Risikoschwangerschaft? Oder: Selbst schuld?

Dann hat die Cerclage ganz prima angeschlagen. Aber bei der Feindiagnostik in der 20. Woche wurde ein erhöhter uteriner Widerstand im Doppler-Schall gemessen.

So, und dann wurde ich hellhörig, weil, das hab ich auch, bis hierhin aber kein Grund zur Sorge laut meinen Ärzten. Messung in der 20. SSW ist nicht wirklich aussagefähig, wird aber bei der Feindiagnostik als gewisses Screening mitgemacht, aber erst ab SSW 24 wird der uterine Widerstand aussagefähig, sprich erst ab dann muss man ggfs. wg. Präeklampsie-Risiko engmaschiger kontrollieren und wegen einer möglichen Unterversorgung der Plazenta und resultierender Wachstumsretardierung aufpassen. Aber auch das MUSS ja alles nicht zutreffen. Es gibt statistische Zusammenhänge, es wird beobachtet, das ist aber alles noch nicht passiert. Weiß ich alles so genau, weil ich genau mit der gleichen Diagnose aus der Feindiagnostik kam. Und weil in Westeuropa sowieso in nur maximal 7% der Schwangerschaften tatsächlich eine Präeklampsie auftritt. Wohingegen der erhöhte uterine Widerstand sehr schnell bei viel mehr als 7% der schwangeren Frauen gemessen wird. In SSW 20...

So, für die, die eh nur liegen muss, war jetzt aber klar, dass sie jetzt nur noch liegen muss, weil ihre Plazenta ja nicht richtig versorgt wird. Also im Grunde genommen ging ab da alles um Leben und Tod. Außerdem hat sie schon mal alles veranlasst, damit ihr Kind die Lungenreifung verpasst bekommt, denn es wird ja womöglich gar nicht bis zur 32. Schwangerschaftswoche kommen. Jeden Tag wurde gejammert und gebetet, dass das Kind doch durchkommen möge, im Grunde war es ja schon halb verloren.

Von der ganzen Liegerei tat ihr dann alles weh und sie ist auf den Trichter gekommen, dass ihre Muskulatur sich ja abbaut, weil sie ja nur liegt. Vorsichtige Fragen, ob sie nicht etwas sanfte Bewegung (man will ja gar nicht von "Sport" sprechen)machen könnte, ja vielleicht auch so ein bissken Hüppen im Wasser, das ist doch gut, gelenkschonend etc. NEIN!!! Wasser geht ja GAR nicht wegen der Cerclage. Ob sie sich nicht Physiotherapie aufschreiben lassen könne? Nein, weil sie doch nur liegen dürfe, da müsse der Physiotherapeut ja zu ihr nach Hause kommen (ja, aber auch das kann ein Arzt wenn medizinisch indiziert so verordnen).

So, und dann ist das passiert, was passieren musste. In der 24. SSW war sie wieder beim Arzt und diesmal war eine Vertretung da. Und siehe da, der uterine Widerstand war gar nicht mehr erhöht. Und dann fragte sie nach der Physiotherapie, die nach Hause kommen muss, weil sie doch sonst gar keine Kraft mehr hätte, um ihr Kind auf dem Arm zu halten. Und dann fragte der Arzt, wieso sie denn nur liegen würde die ganze Zeit. Und dann wurde die Cerclage noch mal begutachtet und der Arzt meinte, also alles was da jetzt noch passieren könne, könne auch im Liegen passieren. Aber sie sollte mal aufstehen und sich ein bisschen bewegen und an die frische Luft und das alles würde ihrem Kind auch viel besser tun als das ganze Liegen. Und die Lungenreifung, die hat er auch gleich abgeblasen.

Und jetzt raten Sie mal was?

Der Vertretungsarzt, der war ja wohl das Allerletzte!!!



Dienstag, 20. September 2011
Und jetzt nimmt sich jeder seine Poolnudel.
Wenn dann gegen 17 Uhr alle Kinder aus dem Lehrschwimmbecken gefischt werden, weil das jetzt "belegt" sei und dann neun dicke Frauen in das Wasser steigen und Gymnastikübungen im Wasser machen - und Du bist eine davon - dann bist Du echt an einem Punkt angekommen, den Du Dir in deinen wildesten Träumen nicht hast erahnen können.

Wahrscheinlich gehört auch das zu einer Schwangerschaft dazu, zu der ach-so-schönsten Zeit im Leben einer Frau: Dass man Dinge tut, über die man vorher noch spöttisch gelächelt hätte, und sich noch nicht mal mehr doof dabei vorkommt.



Sonntag, 18. September 2011
Mein Frieden. Und das Knie.
Genau an diesem Wochenende vor vier Jahren kam ich zum ersten Mal hierher. In diese Stadt. Es war ein bisschen später als jetzt, so 18, 19 Uhr.

Ich weiß noch, dass ich verwundert war, dass auf den Straßen kein Auto fuhr, die Bushaltestellen nicht angefahren wurden und kein Taxi weit und breit zu sehen war.

Ich habe kurz innerlich geflucht. Ich habe erst kürzlich mein Knie demoliert, jetzt war es glühend heiss und dick. Aber ich konnte nicht zum Arzt gehen damit, wollte nicht. Immerhin musste ich hier hin in diese Stadt. Meinen neuen Job antreten, vielmehr die Einarbeitung hier vor Ort.

Also biss ich auf die Zähne, nahm meinen Rucksack und machte mich zu Fuß auf den Weg. Ich erinnerte mich, dass das Hotel nicht weit weg sein musste.



Es war mein erster Abend in der Stadt. Ich hatte Hunger und wollte noch eine Kleinigkeit essen. Ich stiefelte mit meinem schmerzenden Knie durch die Gassen. Der Umbro-Markt sei gewesen, vielleicht habe ich an einem der Stände noch Glück, sagte die Dame an der Rezeption zu mir. "Sonst müssen Sie halt schauen, ob Sie was im Restaurant bekommen."

Umbro-Markt. Nie gehört. Sagte sie so in einer Selbstverständlichkeit, als müsse ich da was mit anfangen können. Und für mich gab's nur die bevorstehende Einarbeitung. Ich war hier wegen des neuen Jobs. Einem neuen Lebensabschnitt. Einem neuen Abenteuer.

Ich ging durch die Gassen und ergatterte irgendwas zu essen.
Danach legte ich mich mit meinem schmerzenden Knie ins Bett und hoffte, dass es morgen etwas weniger schlimm wäre. Morgen bei der Einarbeitung.





Ein Jahr später, an jenem Wochenende, begann das, was als die Geschichte mit dem 461km-Entfernten seinen Lauf nahm.

Ich weiß noch, dass ich im Bad war, in der Wanne lag und mein Handy im Schlafzimmer piepend eine SMS meldete. Noch bevor mich der Gedanke, ob er es wohl ist, vollständig durchzuckt hatte, schaltete sich aus der Vogelperspektive schon meine Vernunft ein, holte mich auf den Boden der Tatsachen zurück und sagte mir, dass das sehr unwahrscheinlich sei. Heute sei doch das Stadtlaufwochenende und der Umbro-Markt. Wahrscheinlich ist es eine Freundin. Oder meine Eltern melden sich. Dachte ich.

Als ich mein Bad zuende genossen hatte und auf mein Handy sah, sah ich, dass die SMS von ihm war.





Ein weiteres Jahr später an jenem Wochenende war ich wieder in der Stadt. Eigens für den Stadtlauf angereist und natürlich auch um ihn zu sehen. Seine Eltern habe ich damals kennengelernt. Und versteckt haben wir uns, vor den anderen. Den Arbeitskollegen.

Bei dem Lauf ist mir eine verwirrte Zuschauerin in den Weg gekommen. Sie wollte nur schnell die Seite wechseln. Während ich versucht habe, ihr auszuweichen, bin ich auf dem Kopfsteinpflaster, dass mich diese Stadt im Namen meiner Schuhe regelmäßig verfluchen lässt, ganz fürchterlich verkehrt aufgetreten. Ein beißender Schmerz kroch bis in mein Knie. Es hat angefühlt wie damals, vor zwei Jahren. Im Tunnel denke ich daran aus dem Rennen auszusteigen. Aber dann beisse ich auf die Zähne und bringe den Lauf zuende. Denke an damals, vor zwei Jahren, als ich auch noch etwas zu essen bekommen habe.





An diesem Wochenende vor genau einem Jahr bin ich hierher gezogen. Während die anderen gelaufen sind, habe ich die ersten Kisten ausgepackt. Mein Knie hielt sich zurück und kommentierte die vorangegangenen Wochen des Schleppens und Arbeitens nur mit einem dezenten Pochen. Am Nachmittag bin ich mit dem Bus in die Stadt gefahren. Jedenfalls so weit er fuhr. Denn ein großer Teil der Stadt ist ja gesperrt am Wochenende mit dem Umbro-Markt und die Straßen gehören den Läuferinnen und Läufern beim Stadtlauf.

Ich weiß noch, wie ich dachte, dass es drei Jahre lang immer schönes Wetter gab, an diesem Stadtlaufwochenende. Und was für ein Zufall es doch ist, dass sich das alles so ergeben hat. Immer an diesem einen Wochenende im Jahr.





Heute hat es geregnet.

Und während ich noch einmal die Wege gegangen bin, wie damals vor vier Jahren, als ich das erste Mal hier ankam, mit schmerzendem Knie und Hunger nach der langen Fahrt, habe ich mich nicht gewundert, über den Regen.

Als ich heute durch den Tunnel gegangen bin, schmerzte mein Knie nicht. Aber mein Herz ist gebrochen.

Mit jedem Schritt, den ich heute gemacht habe, habe ich Abschied genommen. Und ich habe meinen Frieden geschlossen mit dem, was in den letzten vier Jahren geschehen ist. Hier mit mir, in dieser und um diese Stadt.

Ich weiß nicht, wo ich in einem Jahr an diesem besagten Wochenende sein werde. Aber schon heute weiß ich, dass ich ein neues Kapitel aufgeschlagen habe. Heute, an dem besagten Stadtlaufwochende, an dem vor vier Jahren so viel seinen Lauf genommen hat.






Samstag, 17. September 2011
Gedanke zum Tage.
Wenn in dem einen E-Mail Postfach nur noch E-Mails von Absendern wie Connie Brandon ("Der Lager fuer Edel-Chronometerkopien."), Carrie Goff ("Hier guenstig Software kaufen") und Josefina Kimball ("Top-Armbanduhren, reduzierte Preise") reinkommen, dann könnte die Mailadresse echt überflüssig geworden sein.

(Mal abgesehen davon, dass der Anbieter echt einen beschissenen Spamfilter zu haben scheint...)