Freitag, 6. Januar 2012
Ein Big-Mäc-Menü mit 'ner Cola.
Nachdem ich mich gestern ja so lang und breit über die Schwierigkeiten, die man als Schwangere in diesem Land so haben kann, ausgelassen habe, heute mal die andere Seite.

Ich behaupte nämlich ebenso auch, dass es vielen Schwangeren hier in diesem Lande auch viel zu gut geht. Von der selbsternannten Risikoschwangeren hatte ich Ihnen ja schon erzählt.

Es gibt aber noch so viel mehr, was mich immer nur wieder den Kopf schütteln lässt.

Z.B. warum man nach der 37. Woche (ohne Blasensprung) mit unregelmäßigen Wehen ins Krankenhaus fährt. Was erwartet man da? Ich sagte es schon an anderer Stelle, aber ich würd mir völlig gaga vorkommen, wenn ich am Empfang des Kreißsaals stehen und sagen müsste, dass ich jetzt wegen Wehen, die unregelmäßig oder lange noch nicht im 5-Minuten-Takt sind, angereist bin. Eher stelle ich mich da hin und bestelle ohne zu lachen ein Big-Mäc-Menü mit 'ner Cola. Ohne Eis.

Aber ehrlich, nach dem Frühgeburtszeitraum vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche ist es doch albern wegen Wehen in die Klinik zu fahren, wenn das noch kein Geburtstakt ist. Da bin ich dann auch froh, wenn eine Klinik die Leute wieder wegschickt.

Aber es wird in meinen Augen leider viel zu wenig weggeschickt, vermutlich, weil man das als Arzt auch nicht so einfach darf. Dennoch hätte ich mir bei manch einer Mitschwangeren, die ich kennen lernen konnte, das gewünscht, dass da einfach mal jemand Klartext spricht.

Und da muss ich einfach sagen, da geht es den Damen hierzulande einfach auch zu gut.

Was hier für ein System an Vorsorgeuntersuchungen drin ist, ist schon mal richtig toll. Erst alle vier Wochen und dann alle zwei zur Vorsorge, nach Wunsch nur durch einen Arzt, nur durch eine Hebamme oder kombiniert. Ich hab's nicht recherchiert, aber ich denke, das das schon Umstände sind, die sich im Ländervergleich sehen lassen können. Und die meisten Frauenärzte machen auch ohne Abschluss einer 3D-Ultraschall-Flatrate mehr als die 3 Ultraschalluntersuchungen, die die gesetzlichen Kassen in der Schwangerschaft eigentlich nur übernehmen.

Trotzdem oder gerade deshalb besinne ich mich immer gerne darauf, dass das mit dem Kinderkriegen auch nicht zu sehr "vermedizint"werden sollte.

Nicht falsch verstehen. Ich möchte weder eine Hausgeburt noch in ein Geburtshaus, sondern habe mich ganz bewusst für die Geburt in einem hochmodernen und spezialisierten Superklinikum mit angeschlossener Neonatologie entschieden, weil ich - falls irgendeine Komplikation unter der Geburt auftritt - sicher sein möchte, dass ich nicht Schuld daran trage, dass ich die fehlende Sekunde Zeit vielleicht riskiert haben könnte dadurch, dass ich in einem Geburtshaus am Waldrand mit Räucherstäbchen entbinden wollte.

Aber ich denke, dass schwanger sein und vor allem das Kinderkriegen schon lange genug funktioniert hat. Sogar ganz ohne Ultraschall und spezialisierte Frauenärzte. Und natürlich gab es damals viel mehr Komplikationen, Fehl- und Todgeburten, hohe Müttersterblichkeitsraten usw. Und das, was wir heute an Möglichkeiten haben, ist toll. Leider ist die Kehrseite auch, dass sich immer mehr Schwangere total verrückt machen. Und verlernen, auf sich, ihren Körper und ihr Gefühl zu vertrauen. Und das finde ich sehr, sehr schade.

Ich bin, im Nachhinein betrachtet, auch ein paar Mal außer der Reihe zum Arzt oder in die Klinik gefahren, wo ich mir hinterher gedacht habe "eigentlich hätte ich das auch wissen müssen, dass das nichts schlimmes ist".

Aber das ist okay, denn ich weiß auch genau, was in jedem dieser Fälle dazu geführt hat und wie ich mich dabei gefühlt habe. Und das passte in den Momenten schon so.

Und obwohl ich, wie es die ehemalige Anführerin aller Hebammen dieses Landes so schön gesagt hat, so einen gesunden und robusten Weg für den Umgang mit meiner Schwangerschaft gefunden habe, sitze ich jetzt hier und vollende morgen die 37. Schwangerschaftswoche.

Und jetzt packe ich meine Kliniktasche. Cool wie ich bin, könnte es nämlich sein, dass ich das sonst gar nicht mehr mache... ;)